Wer zuletzt (Ende März 2021) am Pionierweiher im Königsforst bei Forsbach vorbei spaziert ist, der mag sich gefragt haben: Was haben die denn hier gemacht? Wieso haben die einen gesunden Buchenbestand hier einfach rausgenommen?
März 2021: Rodung von Buchen am Hang zum Pionierweiher
© Justus Siebert
Dass kranke, vom Borkenkäfer befallene Fichtenbestände großflächig abgeerntet wurden, auch im Königsforst, und das Holz samt Käferlarven abtransportiert wurde, um die noch gesunden Bestände vor diesen Käfern zu schützen, das hatte man in den Medien mitbekommen, meist unter dem Stichwort „Waldsterben“. Und dass auch andere Baumarten, wie die durchaus standortgerechte Buche, unter den letzten Dürrejahren gelitten hat und teils notgeerntet werden musste, auch das hat man vielleicht gehört oder gelesen. Aber warum dann Buchen abholzen, denen es offenbar gut ging?
Preußenbäume, Hudewälder und Moore
Die bisher genannten Gedanken sind übrigens allesamt forstwirtschaftlicher Natur, es geht um den Anbau und die Ernte von Bäumen zwecks Holzgewinnung. Was prinzipiell o.k. ist, aber der Königsforst, als Naturschutzgebiet, hat noch mehr zu bieten als Holz aus einheimischer Produktion (und nicht aus tropischen Regenwäldern oder rumänischen Urwäldern). Wobei die Holzproduktion auf den mageren und teils nassen Böden von Königsforst und Wahner Heide nie besonders ertragreich war, weshalb die bäuerlichen Anwohner jahrtausendelang eher auf extensive Weidewirtschaft gesetzt hatten, mit Eichen als Mastbäumen für Rinder und Schweine. Erst die Preußen, die ab 1817 hier das Ruder übernahmen, kamen auf die Idee, hier vorrangig Forstwirtschaft zu betreiben, und brachten ihre „Preußenbäume“ mit, Kiefern und Fichten, und versuchten mit der Trockenlegung von Moorflächen und Sümpfen, mittels Entwässerungsgräben, weitere Anbauflächen für Holz zu gewinnen. Mit mäßigem Erfolg. Dafür sind dem Königsforst heute wertvolle, weil auch andernorts inzwischen verschwundene Biotope abhanden gekommen, Heideflächen, aber vor allem auch Moore, weitaus effektivere Kohlenstoffspeicher als Wälder, und somit umso wertvoller in Zeiten des Klimawandels. Von diesen Mooren gibt es immer noch kleine Reste.
Es läuft übrigens ein vom BUND NRW und uns (Bündnis Heideterrasse e.V.) angestoßenes Projekt, um das Potential für die Renaturierung solcher Moorflächen auf der gesamten Heideterrasse auszuloten, und somit auch im Königsforst. Die Voruntersuchung läuft noch, aber schon jetzt kann gesagt werden: das Potential ist auf jeden Fall da, z.B. im Wichelterbruch, es wird um die Frage gehen, mit welchem Aufwand welche Erfolge zu erwarten sind, man darf gespannt bleiben.
Aber wir sind vom Thema abgekommen, nochmal zurück zu der Frage:
Warum wurden hier Buchen gerodet, denen es offenbar gut ging?
Vor der Rodung: ohne Rodung ist hier ist alles schattig, sobald sich das Blätterdach schliesst
© Justus Siebert
Antwort: Um Raum zu schaffen für Arten, die bodennah leben und auf das Sonnenlicht angewiesen sind, das, sobald die Buchen im Frühling erstmal ihr Blätterdach ausgebreitet haben, nicht mehr bis zum Waldboden vordringen kann. Tatsächlich findet sich in einem dicht gewachsenen (oder gepflanzten) Buchenwald, mit Bäumen des gleichen Alters, kaum eine andere Art, die untere Vegetationsschicht fehlt oft komplett. Auch die tierischen Bewohner des Waldes finden in so einer monotonen Umgebung kaum Unterschlupf und Nahrung. Und wo der Wald bis an den Ufersaum eines Gewässers reicht, wie hier am Pionierweiher, da lässt er auch keine Ufervegetation zu. Denn auch Sumpfdotterblume und Sumpflilie brauchen etwas Licht.
Bäume fällen für seltene Amphibien
März 2021: Erdkröte im Pionierweiher. Aber um sie geht es nicht, andere Arten brauchen dringender Unterstützung
© Justus Siebert
Aber genau hier, am Pionierweiher, geht es auch um eine seltene Amphibienart (aus Datenschutzgründen bzw. um sie vor Nachstellung zu schützen nennen wir ihren Namen nicht), die einst im Bergischen und auch im Königsforst weit verbreitet war, inzwischen aber fast überall verschwunden ist. Weil ihre bevorzugten Biotope, sonnenbeschienene Hänge in Teichnähe, ebenfalls fast überall verschwunden sind. Ganz früher hat der Biber diese Teiche angelegt, und mit seiner Baumfälltätigkeit dafür gesorgt, dass diese Hänge baumfrei und damit sonnenbeschienen waren. Nach der fast vollständigen Ausrottung des Bibers waren es dann von Menschen aus Versehen geschaffene Ersatzbiotope, durch Abbau von Bodenschätzen, die diesen Amphibien als Lebensraum dienten, wie auch hier in den Hängen rund um den Weiher. Vor rund hundert Jahren war das hier noch ein Steinbruch und kein Wald. Aus dieser guten alten Zeit hat sich eine kleine Restpopulation erhalten, vielleicht die letzte im Königsforst, die aber zu verschwinden droht, wie auch schon die Gelbbauchunke, welche noch vor wenigen Jahrzehnten in den Gräben neben den Wanderwegen vorkam, z.B. entlang des alten Bahndamms zum ehemaligen Bahnhof Forsbach.
Warten auf den Biber
Solange der Biber nicht wieder zurück gekehrt ist in den Königsforst, und durch sein Wirken Lebensraum schafft für so viele andere Arten, müssen Menschen versuchen ihn zu ersetzen, so gut es geht, um das Verschwinden eines weiteren alteingesessenen Bewohners des Königsforstes zu verhindern. Zu diesen Bewohnern, die hier ein Schattendasein fristen, gehört übrigens auch die Zauneidechse, die sich in Restbeständen hier und da gehalten hat, überall da, wo etwas Sonne auf den Boden dringt. Auch sie profitiert von solchen Rodungen und Freistellungen, die Chancen, dass die in den lockeren Boden abgelegten Eier von der Sonne ausgebrütet werden, steigen.
Forstlicher und ehrenamtlicher Naturschutz-Einsatz
Februar 2019: Ehrenamtler vom Bündnis Heideterrasse schneiden die Kaukasische Flügelnuss zurück, um mehr Sonne im Uferbereich zu ermöglichen
© Justus Siebert
In diesem Fall und an diesem Ort also hat das zuständige Forstamt (Wald und Holz NRW) auf Anregung von uns (Bündnis Heideterrasse e.V.) diese Fläche bis zum Uferrand des Weihers freigestellt, in der Hoffnung, dass dies der amphibischen Zielgruppe genehm ist und sich positiv auf deren Vermehrungsrate auswirkt. Das ist keine Einmal-Aktion, die Fläche wird jetzt beobachtet, eventuell wird im nächsten Winter nochmal nachgerodet. Um das Ziel, die Fläche langfristig offen zu halten, zu erreichen, muss sie regelmäßig vom nachkommenden Baumbewuchs befreit werden. Das kann aber in Handarbeit mit der Gartenschere erledigt werden, wie von Naturschutz-Ehrenamtlern auch schon dieses und letztes Jahr durchgeführt. Zu dieser ehrenamtlichen Handarbeit gehört übrigens auch das Freistellen des linken Uferbereiches, durch das Zurückschneiden der dort dominanten Kaukasischen Flügelnuss. Wie der Name schon sagt, gehört diese in den Kaukasus und nicht in den Königsforst, ist vor Jahrzehnten als Zierbaum hier angepflanzt worden, als das hier noch Freizeitgelände war, wovon auch der Rhododendron auf der Insel noch zeugt.
Also, wir bleiben weiter dran, werden das Gelände weiter beobachten, und im nächsten Winter nochmal dran gehen. Alles in der Hoffnung, dass die letzten Mohikaner hier weiter durchhalten, bis eines schönen Tages der Biber hier auftaucht, der einen weitaus effektiveren Job macht als natürlicher Landschaftsarchitekt als Förster und Naturschützer. Er wird kommen, es ist nur eine Frage der Zeit, und dann wird alles besser. Mehr Tiere, mehr Pflanzen, mehr Artenvielfalt. Nicht nur für die angestammten Bewohner des Waldes gut, auch für uns menschlichen Besucher ein schöneres Naturerlebnis.